von Heidi Sturm

KREIZNACHER NOCKHERBERSCH – Auch Diva Dr. Heike Zaster-Teurer wird bei Starkbier und bajuwarischen Klängen durch den Kakao gezogen

BAD KREUZNACH – Beim „Kreiznacher Nockherbersch“ wird traditionell nicht nur kräftig gebüßt, sondern inzwischen auch überraschend gebeichtet. Offenbar geläutert von der Gardinenpredigt des „Lehrer Nell vun de Klappergass“ gestand im Vorjahr Peter Anheuser, dass er es war, der Delaveaux im Ratskeller eingesperrt hatte. Jetzt kitzelte der schlagfertige Pädagoge von der Lehranstalt für schwer erziehbare Politiker der Stadtchefin Heike Kaster-Meurer das Geheimnis ihrer beruflichen Zukunft heraus. „Ich bleibe bis 2022“, bekannte da die „Schülerin“ überraschend klar. Bei den Zeugnisvergaben der kommenden Jahre wird sich wohl zeigen, ob das Klassenziel erreicht ist. Der gestrenge Herr Lehrer hat sich garantiert diese Antwort in seinem Klassenbuch notiert.

Ein besserer Kandidat als „Betti“ und „Hansi“

Zum elften Mal hatten die Fidele Wespe zu ihrer „berühmt-berüchtigten“ Abrechnung für den guten Zweck eingeladen, zum zweiten Mal in die Kaiserremise des Bonnheimer Hofs. Nach dem Vorbild des Münchner Nockherberg wird hier beim Starkbieranstich und zu zünftigen bajuwarischen Klängen der Musiker vom CMV Neu-Bamberg die Kunst des „Derbleckens“ zelebriert, bei dem man der Obrigkeit mit beißendem Spott die „gebleckten Zähne“ zeigt und sie gnadenlos durch den Kakao zieht. „Das müssen die aushalten, wir müssen die ja auch das ganze Jahr aushalten“, rief Thomas Modes. Das möglicherweise etwas mulmige Gefühl der Großkopferten konnte der Wespensitzungspräsident aber etwas abmildern. Schlimmer als derbleckt zu werden, sei bei diesem Pflichttermin für die Polit-Prominenz nur eines: gar nicht erst erwähnt zu werden. Mehr als drei Stunden lang boten die Bühnenkünstler politisches Kabarett der Extraklasse und wurden dafür mit minutenlangem Applaus gefeiert.

In Hochform präsentierte sich wieder der Hargesheimer Sitzungspräsident Jochen Merz, der als Lehrer Nell den vielen „Lernwilligen des Werner-Lorenz-Privatgymnasiums“ nach allen Regeln der Kunst die Leviten las. „Mir Gässjer kenne alles außer Politik“ war das Thema seiner großartigen „Nachhilfestunde“, in der er in einem Rundumschlag den Bogen von der großen Politik zu den örtlichen Geschehnissen schlug. Dabei nahm er auch bei heißen Eisen kein Blatt vor den Mund: Den Fans von Erdogan, die hier die Vorteile eines Rechtsstaats genießen, aber dann den „Deppen“ wählen, wünschte er einen großen fliegenden Teppich: „Bitte aufsitzen – und tschüss“.

Zum Thema Landratswahlen machte er sich seine Gedanken, warum weder „Betti noch Hansi“ in der jeweiligen Wahlheimat der große Wurf gelungen sei. Das liege vielleicht daran, dass der beste Kandidat nicht angetreten sei: Peter Zwegat von der RTL-Serie „Raus aus den Schulden.“ Weiter ging’s Richtung Stadthaus mit seiner „James-Bond-007-Politik“: Null Ahnung, null Bock und sieben Kaffeepausen. Da bekam jeder gnadenlos sein Fett weg – von Lieblingsopfer Werner Klopfer, der zwar Drehtüren zuschlagen könne, es aber als vertikal Benachteiligter schwer habe, wahre Größe zu zeigen, über Maserati-Fahrer Karl-Heinz Delaveaux bis zum „Tupperwaren-Trio“ der Freien Fraktion: „Jeder kennt sie, keiner braucht sie.“ Den ganzen dicken erzieherischen Anpfiff gab es aber für die „streitsüchtigen Hyänen, die im Stadtrat regelmäßig übereinander herfallen“ oder für die Räte, die munter zwischen den politischen Lagern hin und her hoppen. „Habt ihr sie noch alle?“, fragte Merz unter donnerndem Beifall.

„Günni“ als Superman und Heinrich als Darth Vader

Einfach großartig war auch das phänomenale Singspiel der Wespen, das schon auf der Fastnachtsbühne bejubelt wurde und jetzt aktualisiert erneut für Furore sorgte. Die hinreißende Parodie auf die örtliche Politszene mit tollen Hits und einem Feuerwerk von Pointen, Seitenhieben und Anspielungen aus der Feder von „Stadtregisseur“ Dr. Gerd Modes entführte Mal ins „Bla-Bla-Land“, wo Diva Dr. Heike Zaster-Teurer (Thomas Modes im legendären Marilyn-Monroe-Flatterkleid) aus unterschiedlichsten Genres ihren Traumfilm drehen will – und wie immer keine Ahnung, kein Drehbuch und kein Budget hat. Da holt man sich für die Zeichentrick-Szenen flugs ein paar willenlose Statisten der CDU als Comical Disaster Unit, wo Hase Klopfer plötzlich ein ganz großes Vieh ist.

Im Spionagedreh ist Agent 000 – Delaveaux als Dreifach-Null – keine große Hilfe. Die Münsterer „Chewbacca“-Jammermonster geben als „Blediritter vom Todesstern“ nur komische Geräusche von sich, die kaum einer versteht, und auch die Gutachter von der Zauberer von Oz-Incompetition bringen nur nutzloses Zeug.

Günni Meurer will als Superman oder Winnetou öfter den Retter spielen – wenn da nicht Erzbösewicht „Darth Vader“ alias Wolfgang Heinrich ständig dazwischenfunken und ihn auf die dunkle Seite der Macht ziehen wollte. „Ich bin dein Vater“, wird da zum absoluten Brüller. „Zurück aus dem Jahr 2037“ kommt Gässje Mc. Fly auf seinem Hoverboard angedüst, um den Super-GAU zu verhindern. Dass Bad Kreuznach derart heruntergewirtschaftet und in Hackenheim eingemeindet wurde. Da tobten natürlich die „Lokalmatadoren“ vor Begeisterung.

Einfach klasse war auch die Titanic-Adaption über die Bäderlandschaft“. Wegen des Bosenheimer-Spionage-U-Boots geht der Kurs frontal auf den nächsten Eisberg. Die feine Gesellschaft im Casino merkt nichts davon, weil sie sich fürs Nichtstun ausgiebig feiert und im Bosenheimer Löschteich gemütlich plantscht – das Ganze mit dem Hit „Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff“ … Ganz klar: Dieses Kreuznacher Filmdesaster war echt „hollywood-reif“.